5 Minuten mit: Alfred und der Gerichtsmitarbeiterin

Die Sonne knallt auf den Beton, doch Alfred lässt sich von der Hitze nicht aus der Ruhe bringen. Er hätte allen Grund dazu: warmes, dichtes, schwarzes Fell schmückt seinen Körper. Alfred ist ein großer, flauschiger Pudel. Keiner der dressierten, getrimmten Sorte, sondern einer, den man sofort in den Arm nehmen und knuddeln möchte. Gemütlich trottet er, eine Pfote behutsam nach der anderen gesetzt, über den Vorplatz der Bibliothek.

Alfreds Begleitung läuft mit einem wohlbesonnenen Gesichtsausdruck auf uns zu. Sie hat gerade Mittagspause und muss schnell etwas in der Bibliothek erledigen. Mit unseren Kaffeebechern in der Hand sitzen wir vor der Bibliothek und beobachten Alfred und seine Besitzerin. Der Geruch unseres Kaffees scheint ihre Aufmerksamkeit zu wecken: „Oh, einen Kaffee hätte ich jetzt auch liebend gerne. Wo haben Sie den denn her?“, spricht uns die Dame an.

Alfreds Besitzerin ist eine sympathische Dame, vermutlich Mitte 40, die gegenüber im Gericht arbeitet. Sie und Alfred sind ein unzertrennliches Team, denn Alfred ist ihr Blindenhund. Während Alfred es sich gemütlich auf dem warmen Boden neben uns macht, erklären wir der Dame, wo es den Kaffee gibt. „Wenn das bloß nicht immer so kompliziert wäre – in dem Café war ich noch nie und kenne mich dort nicht aus“, gibt sie leicht resigniert zurück. „Gar kein Problem, wir können Ihnen doch gerne einen Kaffee dort holen!“ Das Lächeln auf dem Gesicht der Dame wird gleich viel größer. „Vielen Dank! Ich muss kurz rein und etwas erledigen, danach komme ich aber wieder zu Ihnen zurück.“

Als Alfred und seine Begleitung in der Bibliothek verschwinden, sind wir leicht verunsichert. War das jetzt zu aufdringlich? Fühlt sie sich damit jetzt unter Druck gesetzt? Oder hat sie vielleicht sogar das Gefühl, wir trauen ihr nicht zu, dass sie das alleine kann? Irgendwie komisch, aber wenn man den Umgang mit einer blinden Person nicht gewohnt ist, fühlt man sich vermutlich hilfloser als das Gegenüber.

Umso erleichterter sind wir, als die Dame und Alfred aus der Bibliothek zurückkommen und sie unser Angebot mit Freude annimmt. Während ich in das Café gehe, um ihr einen Latte Macchiato zu besorgen, machen Alfred und seine Besitzerin es sich mit meiner Freundin auf dem Vorplatz der Bibliothek gemütlich. In der Sonne sitzend, kraulen wir Alfreds dichtes Fell unentwegt und freuen uns über das interessante Gespräch mit seiner Begleitung. Liebevoll ruft sie ihn zwischendurch „Alf“ oder „Alfie“ zu sich heran. Wir lernen, wie ein Blindenhund trainiert wird, wie alt Alfred ist, dass er gerne im Wald herumspringt und wo sie arbeitet.

Nach einer Viertelstunde, die uns viel zu kurz und doch ewig lang erscheint, müssen beide uns verlassen. „Meine Pause ist vorbei, ich muss jetzt leider zurück zum Arbeiten“, entschuldigt sich die Dame. Der Abschied fällt uns schwer, auch wenn wir die beiden gerade erst kennengelernt haben. Alfred hat mit seiner ruhigen Art im Sturm unser Herz erobert. Seine Besitzerin bedankt sich bei uns für die schöne Pause und den leckeren Kaffee. „Sie sind wirklich ein Schatz, vielen Dank!“, bedankt sie sich und überquert gemeinsam mit Alfred die Straße rüber zum Gerichtsgebäude. Und wir gehen beseelt zurück an unsere Plätze.

Abends erzählen wir unseren Freunden von diesem schönen Treffen und wünschen uns insgeheim auch einen Großpudel namens Alfred, der uns Tag für Tag begleitet. Hoffentlich treffen wir die beiden noch einmal wieder!

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